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Worüber auf der Berlinale nicht gesprochen wurde

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David Cunio (li.) bei der Berlinale 2013. (© imago images/Eventpress)

Die Berlinale mehrfach gebeten, sich für einen von der Hamas verschleppten israelischen Schauspieler einzusetzen. Die Bitten darum ernteten eisiges Schweigen.

An Thematisierungen der aktuellen Ereignisse im Krieg zwischen der Hamas und Israel hat es im Rahmen der Berlinale nicht gemangelt. Von angeblicher »Apartheid« war die Rede, von »Genozid« sowieso, ein Instagram-Kanal des Festivals rief gar mit einer einschlägigen Parole zur Auslöschung Israels auf. Wer aber, darauf weist ein längerer Text in der Süddeutschen Zeitung (SZ) hin, bei der Berlinale nicht erwähnt wurde, ist David Cunio. Der Darsteller spielte 2013 die Hauptrolle in einem israelischen Film, der damals auch auf der Berlinale zu sehen war.

Am Morgen des 7. Oktober war Cunio mit seiner Familie zu Hause, im Kibbuz Nir Oz, keine fünf Kilometer von der Grenze zum Gazastreifen entfernt. Die Webseite Mapping the Massacre, auf der die Ereignisse dieses Tages detailliert aufgearbeitet werden, verzeichnet die Namen von sechsundvierzig Menschen, die von den Vergewaltigern und Mördern der Hamas massakriert wurden. Cunio, seine Frau und ihre drei Jahre alten Zwillingstöchter wurden in den Gazastreifen verschleppt. Die Frau und die Kinder sind mittlerweile wieder freigekommen, David Cunio nicht.

Sonst nie verlegen

Die Berlinale war, wie die Autoren der SZ schreiben, in der Vergangenheit selten um politische Stellungnahmen verlegen. »Waren Filmleute in Gefangenschaft, meldete sie sich zu Wort.« So im Fall der iranischen Menschenrechtlerin Nasrin Sotudeh, des ebenfalls iranischen Regisseurs Jafar Panahi oder des sudanesischen Filmemachers Hajooj Kuka. Bei David Cunio war das anders. Und das, obwohl die Berlinale-Führung schon vor Beginn des Festivals in etlichen Zuschriften darum gebeten worden war, auch für den israelischen Schauspieler Cunio die Stimme zu erheben.

Zuschriften gleicher Art sollen auch die zuständige Ministerin Claudia Roth und der Berliner Bürgermeister Kai Wegner – beide saßen bei der Abschlussgala des Festivals im Publikum – erhalten haben.

Doch geschehen ist nichts. Obwohl, das stimmt nicht ganz: Eine Bitte darum, sich für Cunio einzusetzen, ging laut SZ auch an jene Mitarbeiter, welche den Instagram-Kanal verantworteten, auf dem später der Aufruf zur Auslöschung Israels verbreitet wurde. »Auch eine Art, auf die vielen Appelle zu antworten«, bemerkte die SZ trocken.


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